Gemeinschaftsarbeit

Liebe Kleingärtnerin, lieber Kleingärtner,

ich möchte hier mal etwas intensiver auf die Gemeinschaftsarbeit eingehen, denn so mancher Gartenfreund hat die Wichtigkeit immer noch nicht erkannt.

 Gemeinschaftsarbeiten – Schaffung und Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums.

 Gemeinschaftsarbeiten (Pflichtstunden) sind wie alle Gemeinschaftsleistungen für eine Kleingartenanlage unerlässlich. Grundlage dafür ist, dass gemäß § 1 Abs. I Nr. 2 BKleingG ein Garten erst dadurch zum Kleingarten wird, wenn er in einer Anlage liegt, in der mehrere Einzelgärten mit gemeinschaftlichen Einrichtungen zusammengefasst sind. Eine Kleingartenanlage bedarf also gemeinschaftlicher Einrichtungen. Erst die Anlagengemeinschaft (und natürlich die kleingärtnerische Nutzung der Parzellen) ermöglicht, eine Parzelle unter den Schutz des Bundeskleingartengesetzes zu stellen.

Die Kleingartenanlage muss jedoch verwaltet und die gemeinschaftlichen Einrichtungen müssen instandgehalten, erneuert, verbessert oder erweitert werden. Die Gemeinschaftsarbeiten ergeben sich aus der Natur des Kleingartenpachtvertrages und binden damit jeden Unterpächter. Zu den Gemeinschaftsarbeiten gehören nicht nur die Anlagen- und Wegepflege und die Arbeiten zu Pflege, Reparatur und Neuanlegen von Gemeinschaftseinrichtungen, sondern auch die Erfordernisse der Mithilfe bei Vereinsveranstaltungen u.a.m. Prinzipiell sollte gelten: Wer einen Garten nutzen kann, sollte auch die damit verbundenen Pflichtstunden erbringen.

Gem. § 11 unserer Satzung haben die Mitglieder, die im Bundeskleingartengesetz und in der Gartenordnung aufgezählten Pflichten zu erfüllen. Sie haben insbesondere ohne Anspruch auf Bezahlung an den vom Vorstand oder der Anlagenversammlung beschlossenen gemeinschaftlichen Arbeiten teilzunehmen. Derjenige, der an diesen gemeinschaftlichen Arbeiten aus dringender beruflicher Inanspruchnahme oder sonstiger Verhinderung nicht teilnimmt, hat einen Ersatzmann zu stellen oder für jede angesetzte Gemeinschaftsarbeit einen Ausgleichsbetrag an den Verein zu zahlen. Die Höhe des Ausgleichsbetrages für jede versäumte Stunde Gemeinschaftsarbeit beschließt die Jahresmitgliederversammlung.

Das Ableisten der Pflichtstunden darf nicht nur gefordert werden, es muss auch möglich sein. Deshalb sind vom Vorstand die erforderlichen Arbeiten weitsichtig zu planen und hinsichtlich des notwendigen Umfangs einzuschätzen, bevor die Mitgliederversammlung darüber beschließt. Der Gartenfreund muss seiner Leistungspflicht nachkommen können.

Pflichtstunden sind von jedem Parzellennutzer zu leisten. Ist er längere Zeit krank oder kann in sonstiger Weise (Gesundheits- und Altersgründe, berufsbedingte Verhinderung u. a.) seinen Verpflichtungen nicht mehr nachkommen, muss er, wie im Mietrecht, eine Ersatzperson stellen (LG Kassel 1990; LG Düsseldorf, 1988). Nachbarschaftliche Hilfe ist auch hier am Platze. Es liegt jedoch im Ermessen des Vereins, auf Beschluss der Mitgliederversammlung bestimmte Gartenfreunde von der Leistungspflicht zu befreien, wie betagte Mitglieder, Ehrenmitglieder, Vorstandsmitglieder usw.

Aber: In Verein und Kleingartenanlage gibt es so viele unterschiedliche Aufgaben, dass für jeden die Möglichkeit besteht, der Verpflichtung nachzukommen, z. B. als Standbetreuer beim Gartenfest, beim Streichen einer Gartenbank oder anderen altersgerechten Arbeiten. Man sollte auch bedenken, dass Gemeinschaftsarbeit das Gemeinschaftsleben fördert und viele Gartenfreunde sich ausgegrenzt fühlen würden, wenn sie nicht mehr dazu herangezogen würden.
Auf die Befreiung von Pflichtstunden hat der Gartenfreund, auch wenn er betagt oder behindert sein sollte, keinen durchsetzbaren Rechtsanspruch.

Welche Aufgabe wann, wie und durch wen erledigt wird, ist Sache des Vorstandes bzw. der durch ihn eingesetzten Organisatoren. Es kann zu großem Unfrieden in der Anlage führen, wenn Mitglieder eigenmächtig sich eine ihnen genehme Arbeit aussuchen. Deshalb ist es nötig, im Bedarfsfall konkrete Absprachen zu treffen.

Weigert sich der Gartenfreund beharrlich, seiner Leistungspflicht nachzukommen, kann er, wie im Mietrecht, auf deren Erfüllung verklagt werden. Der Verein darf aber nicht nur Pflichtstunden festsetzen, er darf auch eine Vergütung („Ablösesumme“) für nicht geleistete Stunden verlangen. Deren Höhe dürfe mindestens dem Stundenlohn eines Arbeiters in der freien Wirtschaft entsprechen. Mit der Verweigerung der Gemeinschaftsarbeit würde dem Verein ein wirtschaftlicher Schaden zugefügt; er müsse in die Lage versetzt werden, sich die Leistung notfalls auf dem freien Markt zu kaufen. Der Verein dürfe die Ablösesumme sogar noch höher setzen, denn im Vereinsinteresse liege, dass die Arbeit geleistet und nicht primär der Geldbetrag entrichtet wird. Die Verweigerung der Gemeinschaftsarbeit ist eine nicht unerhebliche Pflichtverletzung, deshalb ist sie ausdrücklich als Kündigungsgrund in den § 9 Abs. l Nr. l BKleingG aufgenommen worden.

Das Erbringen der Gemeinschaftsleistungen ist für das Kleingartenwesen unabdingbar. Damit werden aber noch nicht alle Aufwendungen der Kleingärtnerorganisation abgedeckt, denn erhebliche Leistungen zum Nutzen der Kleingärtner werden unentgeltlich im Ehrenamt erbracht.

Karl-Heinz Sommerfeld

(1. Vorsitzender)